Lange Funkstille von eurotopia nach unserem weite Wellen schlagenden Bericht über die Gemeinschaftsbewegung in Pandemiezeiten: Der Dreh und der Schnitt des von eurotopia coproduzierten Dokumentarfilms „Kein richtig falsches Leben“ hat uns gut beschäftigt – neben Familie und Broterwerb.
Der Film über das Ökodorf Sieben Linden legt „die Finger“ auf einen ganz besonders empfindlichen Punkt unserer ganzen Bewegung und fragt: „Wenn wir uns schon die Welt so machen, wie sie uns gefällt, warum sind wir dann nicht noch zufriedener damit?“ Denn ganz offensichtlich sind in den letzten Jahrzehnten nicht die meisten Mitmenschen in Gemeinschaftsprojekte gezogen. Wenn die Bewegung wächst, dann langsam und unmerklich. Zum vergleich: In den letzten zehn Jahren haben sich 12 Milliarden Menschen dafür entschieden (manche offensichtlich mehrmals), sich ein Smartphone zu kaufen(1). Das muss sich zwar nicht ausschließen, aber es illustriert doch, was ein echter Trend ist – und was eben nicht.
Leben in Gemeinschaft ist nach wie vor ein Nischenkonzept. Obwohl das Ökodorf Sieben Linden als Beispiel im Film einen ökologischen Fußabdruck vorweisen kann, der nur ein Drittel so groß ist wie der deutsche Durchschnitt(2), sagen auch Gemeinschaftsbewohner*innen, dass dieses Leben nicht für alle taugt. Dabei ist allein der geringe ökologische Fußabdruck doch sensationell! Welche andere Idee, dem Klimawandel zu begegnen, kann so eine Zahl vorweisen? Und dazu praxisfähige Prototypen, die wirklich attraktiv sind: Ein Leben unter netten Leute, gesundes Leben, sichere Umgebung, sinnstiftende Beschäftigung.
Möglicherweise ist das Leben in Gemeinschaft noch nicht reif für den Massenmarkt. „Anstrengend“ finden es manche, auf einmal alle Fäden selbst in der Hand zu halten. Und Basisdemokratie kann auch Entscheidungen hervorbringen, gegen die das Tun deutscher Amtsstuben klug und effektiv wirkt. Aber man hat sich ja auch viel vorgenommen: Im Ökodorf Sieben Linden machen Bewohner*innen teilweise die Arbeit, die sonst steuerfinanziert von der Gemeindeverwaltung geleistet wird.
„Kein richtig falsches Leben“: Während ein wunderschönes Dorf entsteht und permanent Nachhaltigkeit, gutes Leben und persönliche Freiheit ausbalanciert werden müssen, beginnen wir zu ahnen, was so ein Leben in Gemeinschaft eigentlich bedeutet.
Jetzt ist die zweite Rohschnittfassung fertig und wird nächste Woche der Gemeinschaft vorgeführt. Ein Trailer wird noch diese Woche hochgeladen. Dann beginnt unser Crowdfunding für die letzten Produktionsschritte. Bis jetzt haben wir den Dreh und den Schnitt gar nicht oder aus eigener Tasche bezahlt – bevor uns die Puste ausgeht, brauchen wir noch ein paar Tausend Euro für Feinschnitt, Color Grading, Tonmischung, Musik. Es lohnt sich!
Unser Aufruf zur Unterstützung wird demnächst im eurotopia-Newsletter sowie im Sieben-Linden-Newsletter veröffentlicht. Hier auf eurotopia.de wird es demnächst aktuelle Blogbeiträge vom Regisseur Michael Würfel dazu geben. MACHT MIT!
(1)Siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/173049/umfrage/weltweiter-absatz-von-smartphones-seit-2009/ (öffnet in neuem Tab)
(2)https://siebenlinden.org/de/oekolgischer-fussabdruck/ mit Link zur Studie (öffnet in neuem Tab)
Die Gedanken und die Bewegung gefallen mir. Umdenken ist unbedingt notwendig. Utopia!
Hallo,
fragt doch mal Bilbo Calvez, die hat bei KenFm 40 Beiträge nachbearbeitet und war auch schon in Siebenlinden.
https://www.youtube.com/user/billilene
Nach meiner Analyse müssten wir (Menschen) einen Weg finden, uns lokal zu vernetzen und dort wo wir wohnen,
dass was wir zum Leben brauchen in Kooperation selber herstellen. Das kann zu 80 Prozent funktionieren.
Bei Flugzeugen und Autos geht das allerdings nicht, da muss man über die lokale Kooperation hinaus denken.
Warum ist das Leben in Gemeinschaften nur ein Nischenprodukt?
Wesentliche Probleme, die ich sehe:
Projekte sind zu speziell!
Z.B. Niederkaufungen – Man muss sein ganzes Eigentum einbringen und bekommt bei einem Auszug nur wenig zurück.
Nichts für wirkliche Leistungsträger.
Z.B. Aloha – wollen spirituell leben. Wenige geben ihre persönlichen Regeln vor. Nichts für Menschen mit abweichenden Meinungen.
Z.B. Zegg – Thema freie Liebe. Monogam lebende Menschen werden eher nicht davon angezogen.
Was mir noch aufgefallen ist:
Das Wissen über ökonomische Zusammenhänge ist bei den Ökos eher klein. Begriffe wie Aktien, Börse, Effizienz sind Reizwörter.
Wirkliche gesellschaftliche Zusammenhänge werden nur unzureichend erkannt bzw. akzeptiert. Begriffe wie z.B. Rechts, Reichsbürger,
BRD-GmbH, NWO, exponentielles Geldmengenwachstum, Derivate, FED, Kommunismus, werden nicht wirklich hinterfragt und auch als Verschwörungsmüll abgetan.
Ein weiteres Beispiel ist die bei den meisten Gemeinschaften.verwendete Gendersprache. Das ganze Genderzeug hat Nichts mit der
Gleichberechtigung von Man und Frau zu tun.Ich kenne die DDR noch. Ich habe mir den kritischen Blick von „Außen“ auf das jetzige System bewahrt.
Mangelnde Kooperation zwischen bestehenden Gemeinschaften.
Wenn sich das Leben in Gemeinschaften besser durchsetzen soll, muss es massentauglicher werden. Der Zuzug, Wegzug, Arbeitsmöglichkeiten, Rente (Altersvorsorge), usw. sind nicht wirklich massentauglich geregelt. Es müsste viel mehr Hilfen aus bestehenden Gemeinschaftsprojekten für Menschen geben, die ebenfalls Gemeinschaften gründen wollen. Gemeinschaften müssen als vom bestehenden System unabhängiges System gedacht werden. Was also braucht ein System aus Gemeinschaften, wenn es autonom funktionieren soll?
Die bestehende Gesellschaft muss tabulos in allem hinterfragt werden, um dann die Nischen für kollektive Projekte zu finden.
Das Kollektive ist das Gegenmodell (und der Feind) der Privatwirtschaft! Wenn es sich aus der Nische entwickeln sollte, dann wird es Gegenwind und Behinderung aus den bestehenden privatwirtschaftlichen Modell geben.
Da könnte ich noch viel mehr dazu schreiben und habe ich in meinem Buch geschrieben.
Ansonsten bin ich gespannt auf den Film.
Gruß Roland
Hallo Roland,
ich sehe das alles etwas differenzierter als du – du sprichst einige Verallgemeinerungen aus, die ich falsch finde und mit denen du eher wieder eine Spaltung zwischen Fronten bewirkst: „Das Wissen über ökonomische Zusammenhänge ist bei den Ökos eher klein. Begriffe wie Aktien, Börse, Effizienz sind Reizwörter.“ Das ist meiner Meinung nach wirklich nichts, was man als irgendeine Wahrheit niederschreiben kann.
Die Kurzanalysen, warum die jeweiligen Gemeinschaften deiner Meinung nach nicht massentauglich sind, finde ich oberflächlich, und bei ken.fm muss ich wirklich mit den Augen rollen…
Aber es lohnt sich auf jeden Fall, genau zu schauen, wie eine Alternative aussehen kann. Schöne Grüße
Micha