Geschützt: Gemeinschaft werden, sein und bleiben 9


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9 Gedanken zu “Geschützt: Gemeinschaft werden, sein und bleiben

  • Öff Öff (alias Jürgen Wagner)

    KURZ-FASSUNG:
    Dank für die Analyse in dem Artikel. Nach meiner Wahrnehmung nimmt der ‚zersplitternde Individualismus‘ zu, in der Mainstream-Gesellschaft wie in den ‚alternativen Gemeinschaften‘, und auch schon bei den Gemeinschafts-Suchenden…
    Anfragen nach den Bedingungen für Dazukommen in ein Gemeinschafts-Projekt, bei denen gleich dazu gesagt wird (z.B. von akademischen Doppel-Verdienern mit Kindern), dass sie ‚einen Rahmen aus netten Menschen‘ suchen, aber nur mit ‚Gemeinschaft light‘, z.B. ohne irgendwelche verbindlichen gemeinsamen Entscheidungs-Strukturen (weil das schon in ihrer Klein-Familie kaum zu schaffen sei) —- da hätten wir ‚Kommune-Interessierten‘ vor 30 Jahren ungläubig die Augen aufgerissen, und verdutzt gelacht: „Was haben die denn für ein Gemeinschafts-Verständnis? Was kann denn daran als Suche nach ‚Alternativ-Kultur‘, nach ‚Werte- und System-Wechsel‘ aufgefasst werden?“ —- Wenn wir es wenigstens schaffen können, dass wir über solche Dinge noch offen reden können, und nach vernünftigen Argumenten gehen können statt nach anderen, nicht-argumentativen Manipulationen, dann bleibt uns in dieser ‚Orientierungs-Wüste‘ vielleicht der grundlegendste Hebel erhalten, vielleicht sogar befreiter von unnötiger Ideologie als in früheren Phasen, und was können wir Anderes, Besseres, tun, als da weiter anzusetzen?

    ERGÄNZENDE LANG-FASSUNG (FALLS MAN SOVIEL PLATZ OPFERN WILL):
    Meine Reaktion ist nun (eigentlich schon seit Beginn der von mir gegründeten Schenker-Bewegung vor ca. 30 Jahren), dass ich versuche, die Menschen ‚beim Wesentlichsten zu packen‘: Den „End-Zustand des Anarcho-Kommunismus“ bzw. eine zur Blüte gekommene „Güter-Gemeinschaft“ mit soviel intrinsischer Gemeinschafts- bzw. Gemeinwohl-Motivation, dass das Prinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen, damit es allen menschheits-geschwisterlich gut geht…“ so toll fließt, dass es keinen Rahmen an (staatlichen) Gewalt-Strukturen mehr braucht, der Staat sich auflösen kann usw… – das haben die Leute in der Regel nicht mal mehr als ferne Fantasie… (- und erleben es auch eher sogar immer weniger in ihren familiären Klein-Strukturen oder ‚Freundschaften‘…)
    Aber am aller-wesentlichsten (auch wenn wir uns am Anfang nicht wie Menschen-Geschwister in den Arm nehmen mögen) ist und bleibt doch (und kann kaum argumentativ bestritten werden), dass es wohl eine entscheidende Grund-Weichenstellung ist, ob wir miteinander sachgerecht zu denken vermögen, und bei Entscheidungen nach den besseren Argumenten, dem möglichst aufs Ganze gesehen Sinnvollen gehen können… Dass dieses ‚Nach-Argumenten-Gehen statt anderen, nicht-argumentativen Manipulationen‘ – auch in Konflikt-Situationen(!) – DIE Grund-Weichenstellung für uns (‚denkende Wesen‘) ist, wenn wir zu richtigen, verantwortlichen, sinnvollen (auch aufs Ganze gesehen sinnvollen!) Entscheidungen kommen wollen, zu „globaler Verantwortung“ usw. — das schreit uns unbestreitbar an… Und da leiden auch alle drunter, wenn anders, mit Mobbing ohne Worten usw., mit Einem umgegangen wird… ((Obwohl es andererseits auch bei Vielen so ist, dass sie sogar so sehr in eigenen Willkür-Filmen verfangen sind, dass sie das Opfer-Werden durch Mobbing lieber in Kauf nehmen, als eine ‚Argumente-Kultur statt Mobbing‘ zu wollen, – wo man selber auch nicht mehr so (willkürlich…, mobbend…) sein dürfte… Echt tragisch… Da wird das Recht auf vernünftiges Mit-Bestimmen eher wie die schlimmere Kugel am Bein gefürchtet im Vergleich zum unberechenbaren Bestimmt-Werden… Logik wird als innere Vergewaltigung angesehen (manchmal tatsächlich, ausdrücklich, so beklagt!), weil man ’nicht mehr denken kann, wie man will…‘ usw… Da hat der irrationale Konsumismus, auch beim inneren ‚Gedanken- und Gefühle-Konsum‘, schon sehr weitgehend gesiegt, und die Seele umgepflügt…))
    Was soll’s? Was könnte es trotzdem Besseres geben, als immerhin am stärksten, unbestreitbarsten Hebel in Richtung globaler Vernunft und Verantwortung anzusetzen? Was ja auch die Chance enthält, mal positiv denkend, mehr als je zuvor vermeidbares Ideologie-Beiwerk abzuschütteln… – was in der Vergangenheit auch ein sehr hinderlicher, übler ‚Klotz am Bein‘ war… Was wäre ein tiefer an der Wurzel ansetzender Ansatz, wenn nicht, „freie Argumente-Kultur“ zu schaffen (auch mit derart offenen Plattformen bzw. ‚Bühnen‘: ich träume von einem ideologisch und technisch ausreichend ‚barriere-frei‘ werdenden „Wikipedia als Verantwortungs-Navi der Menschheit“…) — wo alle Argumente sichtbar werden dürfen, gemäß dem schönen alten Bildungs-Ideal des „Beutelsbacher Konsenses“, und es nach Argumente-Qualität geht statt nach nicht-argumentativer Durchsetzung…?!
    Sogar Frau Angela Merkel sprach dafür vor Kurzem, bei der „Münchner Sicherheits-Konferenz 2019“, mal wieder ein entschiedenes ‚Macht-Wort‘ – gegen die aus ihrer Sicht zu große Sturheit der USA. Für die Notwendigkeit offener Gesprächs-Bereitschaft und Kommunikations-Verbesserung: „Ich glaube, es wäre gut, wir kommen in ordentliche Gespräche miteinander. Immer, wenn jemand was vorzubringen hat, muss man darüber reden. Das ist auf der Welt so. Und dann werden wir auch Lösungen finden.“ (https://www.focus.de/politik/ausland/sicherheitskonferenz-merkel-rede-sorgt-fuer-gelaechter-im-publikum_id_10333065.html)
    Mögen wir alle ausreichend schauen, dass da was dran sein kann…
    Namaste.
    Öff Öff
    global-love.eu

  • Heinz Weinhausen

    Jede/r merkt auch in Gewinnergesellschaften wie der BRD früher oder später, dass Arbeitsplatz, Karriere, Geschäftserfolg als Selbstständiger/Firma, dass der mögliche Konsumismus nicht das ganze Leben ist. Nur bedingt können in diesen Mainstreammustern individueller Sinn, Fürsorge für andere, Neues ausprobieren, Muße, Teilhabe an Gesellschaftsgestaltung usw. gelebt werden. Die Sehnsucht aus dem Hamsterrad auszusteigen, die Sehnsucht nicht mehr umfassend funktionieren zu müssen, und die Lebenszeit den Erfordernissen von Marktwirtschaft zu opfern ist weit verbreitet. Wenigstens ein Stück weit wollen viele anders leben und sinnvoll leben.
    Der Schritt in eine Gemeinschaft ist ein Quantensprung, der sehr vielen viel zu groß ist. Bei den meisten bleibt es überhaupt beim Träumen. Aber auch ein beträchtlicher Teil probiert dieses Jenseits von Marktwirtschaft ins individuelle Leben zu integrieren mittels Fürsorge für Kinder als Eltern oder Großeltern, als Helfen im Bekanntenkreis, als ehrenamtliches oder politisches Engagement, als „Hobby“. Das etwas gelebte Andere ist mir wie ein Funkenhaufen, der auch vom Glühen zum Brennen übergehen kann. Bei den Gemeinschaften lodert das Feuer schon ständig etwas und leuchtet anderen ein wenig.
    Ein anderes Bild ist, dass Risse im Kapitalismus bestehen, die ausgeweitet werden können. Die Lektüre von John Holloway’s „Crack Capitalism“ , „Kapitalismus aufbrechen“ war mir da sehr, sehr erhellend und befruchtend.
    Letztlich findet sich in jeder individuelle Seele Mainstream und ein Jenseits davon, ob in Gemeinschaften lebend oder nicht. Die Schwerpunktsetzung kann sich bei jedem/jeder verschieben. Was bleibt für die/den Einzelne/n ist, für sich authentisch zu leben, den eigenen Weg zu gehen und dabei widerspruchsvoll ein wenig zu leuchten. Zumindest kann die eigene Seele so Ruhe finden, seinen Teil zur Gesellschaftveränderung beigetragen zu haben und beizutragen.
    Für die Rettung der Menschheit braucht es allerdings eine Revolution mit dem Motto der 1918er Aufständigen: alles allen. Diese reift zur Zeit heran, da hinsichtlich der Klimakatastrophe der Kapitalismus die Erfordernisse des Nicht-Wachstums nicht erfüllen kann. Je schlimmer die Folgen der Klimaaufheizung zu spüren sein werden, desto mehr gerät die Marktwirtschaft in die Krise. Ob die Revolution reif werden wird, weiss allerdings niemensch zu sagen.

  • Marsilio Passaglia, Gemeinschaft Unter Ort

    Mit rund zehn Menschen sind wir natürlich eine viel kleinere Gemeinschaft als Sieben Linden und uns gibts auch noch viel weniger lang. Meine Inputs lassen sich daher wohl nicht ohne Weiteres auf eine so grosse und schon so lange bestehende Gemeinschaft übertragen. Trotzdem teile ich sie hier gerne. Mir scheinen zwei Dinge wichtig dafür, dass unsere Gruppe nicht nur eine Gemeinschaft zu werden begann, sondern weiterhin da dran ist: Einerseits unsere jeden Mittwoch stattfindenden Runden. Nun ja, einer der Bestandteile, welcher sicherlich manche von uns am meisten anzieht, ist das gemeinsame Essen. Daneben besprechen wir aber nicht nur Orga-Kram. Jeden Mittwoch gibt es auch eine Befindlichkeitsrunde, in welcher wir uns gegenseitig Einblicke in unsere Seelenleben schenken, in schöne und in herausfordernde Dinge in unserem Leben. Eine Organisationsentwicklung mit externer Leitung hätte ich mir allerdings manchmal trotzdem auch gewünscht.
    Das zweite ist der Eindruck, dass zumindest ich, aber glaubs die meisten andern auch, das Zusammenleben in Gemeinschaft fortwährend als Experiment betrachten. Nix ist fix. Abmachungen können und sollen neu ausdiskutiert werden, wenn sie sich als nicht mehr stimmig erweisen.
    Nun habe ich über das Gemeinschaft sein und über das Gemeinschaft bleiben geschrieben. Wie steht es aber mit dem Gemeinschaft werden bei uns? Nun, da war zunächst einfach eine WG, und so langsam hat es sich entwickelt. Daher stellte sich gar nicht die Frage: „Selber eine Gemeinschaft gründen oder in eine bestehende Gemeinschaft ziehen?“ Ganz wichtige Impulse für das Gemeinschaft werden haben wir sicherlich dadurch empfangen können, dass einer von uns den Kurs Ecovillage Design Education besucht hat und nach und nach einzelne Dinge bei uns eingeführt hat, die er an diesem Kurs erfahren hat.

  • Martin von Oadien

    P.S.: Wenn auf die von uns gemeldeten Zahlen geschaut wird, könnte man auch denken, wir sind einfach eine recht überschaubare Gruppe. Tatsächlich gab es einiges Auf und Ab, wir waren mehrfach voll und hatten deswegen auch mehr Raum organisiert. Zur Zeit ist die Schweinekurve bei uns wieder eher unten angekommen.

  • Martin von Oadien

    Was soll ich zum Text denken? Er ist einerseits grundsätzlich richtig, andererseits etwas trist, was wiederum gute Gründe hat, die ich auch kenne (jahrzehntelange „Gemeinschaftserfahrung“).

    „Mir tut es nur leid, wenn dabei so viel Kraft verbraucht wird, dass den Leuten die Lust auf Gemeinschaftsleben vergeht.“

    Vielleicht geht es vielen dabei um möglichst direkte Selbstverwirklichung? Vielleicht liegt das daran, daß viele Suchende kaum wissen, wer sie eigentlich sind? Und kann man wirklich gemeinsam mit anderen leben, wenn man tief in sich fühlt, das nicht zu wissen? Also erst Suche nach Ideen, deren Verwirklichung. Suche nach Menschen eher nur in diesem Rahmen als Mittel zum Zweck, nicht zuerst nach Gemeinschaft.

    Wir versuchen dem so zu begegnen, daß wir zur Mitgestaltung ausdrücklich einladen, wenn denn die elementaren Grundlagen von uns und einem Interessenten möglicherweise zusammenpassen. Aber es wird wohl kaum nach solchen Möglichkeiten gesucht, vielen sind auch kaum Orte bekannt, an denen ihre Gedanken vielleicht umsetzbar wären (von daher wäre ein Online-Kurzverzeichnis für die Sache wohl ziemlich sinnvoll).

    „Da gab es eine Begeisterung, die hat funktioniert wie gute Stoßdämpfer.“

    So wie ich es erlebe, ist es bei uns im „harten Kern“ auch nach über 20 Jahren so (ganz vom Anfang ist praktisch keiner mehr dabei). Ich erlebe auch kaum eine Wiederannäherung an „den Mainstream“, wie anderswo, was ich als großes Glück betrachte. Eher sind wir noch „verrückter“ geworden.

    Was ich für mich in mir seit einer Weile als großes Problem erlebe ist die Begegnung mit Interessenten. Die oft stark begeistert sind und sich intensiv mitteilen möchten. Die leidenschaftlich Gedanken mitteilen, die ich inzwischen oft schon hunderte Male so ähnlich mitgeteilt bekam und sich erhoffen, ich würde ebenso begeistert davon sein.

    Schauspieler möchte ich nicht werden, nicht quasikommerzieller Verkäufer, die Menschen die mir begegnen jeweils ernstnehmen, mich zeigen wie es in mir aussieht. Aber viele Interessenten können damit schlecht umgehen, sie wollen Begeisterung leben, ahnen nicht wie oft mir Vergleichbares schon erzählt wurde und dann mehr oder weniger nichts darauf folgte. Zumindest nichts, was ich erfahren hätte.

    Solche Leute sind sich oft wohl auch nicht darüber klar, wieviel Aufmerksamkeit ihnen von uns geschenkt wird, was deswegen bei uns oft liegenbleibt. Sehen sie oft vor allem ihre egoistische Bedürfnisbefriedigung? Wie viele von ihnen haben sich schon erkennbar dafür interessiert, wie es mir geht? Was sie für uns tun könnten? Dafür Menschen (uns) wirklich kennenzulernen (bei uns ersteinmal schriftlich)? Sie wahrzunehmen? Und anderherum: Gelingt mir das noch gegenüber „immergleichen“ Interessenten, die in meinem Empfinden zunehmend bedrohlich zu einer Masse zu werden drohen, auch wenn ich versuche mich dagegen zu wehren? Die viel zu sehr darauf bedacht ist uns zu gefallen, so sehr, daß das Individuum unkenntlich wird. Wie schade.

    „In Sieben Linden diskutieren wir leidenschaftlich über unsere Entscheidungsstrukturen“

    Ich traue mich kaum die Buchstaben aufzuschreiben: Bei uns ist es in den letzten Jahren eher so, daß wir uns nahe gar keine Gedanken mehr darüber machten, wir kommen zur Zeit offenbar ohne aus (muß nicht so bleiben). 😉

  • Mathias Steinmann

    Lieber Micha…danke für diese beiden Texte,besonders der über den Mainstream hat mich berührt..vor allem,daß du in beiden Texten immer wieder von dir selber sprichst und die “ Alternativbewegung “ als Teil des Mainstream und doch als Alternative darstellst,finde ich stark.Du kennst bestimmt das Buch „Bolo Bolo“,wo von einer konreten Utopie die Rede ist und dargestellt wird,wie das System sich immer wieder Gegenbewegungen einverleibt..(“ Welcome to the machine „)…Der Weg daraus,führt,meiner Meinung nach,über die Veränderung seine Selbst,,indem man die dunklen Seiten seiner Seele erkennt und annimmt und sie auch seinen Mitmenschen zugesteht und den“ Feind “ nicht im Außen sucht…
    Es waren viele “ Wahrheiten “ in deinem Text zu finden…sehr wichtig finde ich auch die Beoachtung,daß im sogenannten Mainstream Bedürfnisse geweckt oder angesprochen , aber niemals befriedigt werden,weil sonst das Konsumsystem nicht mehr funktioniert.
    Und die Bedeutung solcher Werkzeuge wie Forumsarbeit und Kommunikationstraining kann,glaube ich, gar nicht hoch genug bewertet werden,weil die meisten Beziehungen und Gemeinschaften meiner Erfahrung und Beobachtung nach, genau daran kaputtgehen,daß wir nicht gelernt haben von uns zu sprechen und wirklich ehrlich mit uns selber und anderen umzugehen…
    Gerne würde ich deine Texte auch mit den,nicht deutschsprechenden,Mitbewohnern unserer kleinen Gemeinschaft diskutieren,aber dann bräuchten wir sie zumindest auch auf Englisch..Gibt es eine Übersetzung,vielleicht auch ins Französische und Spanische?
    Jedenfalls danke für die Kommunikation und sölidarische Grüsse aus den Vogesen von Mathias ( Jean le Moine )

  • Volker Thielmann

    Eine Gemeinschaft zu werden ist schon schwerer als sich die meisten vorstellen können. Zu sein und zu bleiben ist der nächste große Schritt! Das sehe ich ebenfalls so.
    Gemeinschaft hat nichts mit „wir leben und wohnen mal zusammen“ zu tun. Michael Würfel hat das schon ausführlich ausgeführt in „Wer ist Gemeinschaft? in Eurotopia 2014. Ich möchte dazu eine äußerst kurze Definition bieten: Eine Gemeinschaft ist idealerweise eine Gruppe die gemeinsam etwas schafft, das der Einzelne nicht schaffen kann. Dabei ist es wichtig zu wissen, was Dieter Halbach im Eurotopia-Interview 2014 zu „Fehler beim Gemeinschaftsaufbau“ gesagt hat. Seine 10 Punkte sind elementar einfach und trotzdem eine enorme Herausforderung für jede Gemeinschaftsbildung. Ich kann das Interview nur empfehlen, wirklich lesenswert!
    Ich möchte zuerst den Punkt 2. herausgreifen: Strukturlosigkeit – Hier beginnt es interessant zu werden, denn Halbach bezieht sich darauf, wenn rechtliche und interne verbindliche Entscheidungsstrukturen fehlen. Ich möchte hier ergänzen, wenn sie vorhanden sind, aber als solche keine Berücksichtigung finden. Wenn es am Verständnis für das Vorhandensein von diesen Strukturen fehlt, sie dadurch nicht zum Einsatz kommen oder einfach untergegangen sind. Wenn nur Teile davon umgesetzt werden?
    Es ist mir persönlich so ergangen und es war ein unangenehmes Erwachen, das eine Genossenschaftssatzung nicht allgemein verstanden wurde. Oft wurde nicht auf Grundlage der Satzung gehandelt. Es gibt sogar Auseinandersetzungen darüber ob eine Satzung gut ist. Ich bin selbstverständlich davon ausgegangen, das eine Satzung die Grundlage des gemeinsamen Handels zum Erreichen der gemeinsam definierten Zwecks ist! Selbstverständlich ist nichts, das habe ich gelernt! So gibt es Vorstellungen, Entscheidungswege und Vorgehensweisen, die nicht in der Satzung stehen, keinen Niederschlag in einer Geschäftsordnung fanden, kein allgemein definiertes Handlungsmuster zu Grunde liegt und neuen Mitgliedern dadurch gar nicht vermittelt werden kann. Vielleicht sind sie die schon gelegten Grundlagen und Strukturen gar nicht so bewußt vorhanden oder es hat einfach noch nie jemand konkret darüber nachgedacht?
    Es fehlt nicht an der Bereitschaft zur Gemeinschaft, doch versteht jeder unter „Gemeinschaft“ etwas anderes oder zumindest ist noch einiges zu klären. Dadurch gewinnt Halbach´s Punkt 4 – Erwartungen, an Fahrt. Wenn keine ideellen und materiellen Ziel definiert sind oder einfacher gesagt, Zielpunkte oder die nächsten Schritte nicht ausformuliert und für jeden verständlich nachvollziehbar sind, dümpelt das Gemeinschaftsschiff herum und wird nicht zielgerichtet zum nächsten Hafen gesteuert. Denn welcher Hafen soll denn angelaufen werden? So bleibt es wieder bei den unterschiedlichsten Vorstellungen im Kopf eines jeden und wird nicht zur Gemeinschaftserwartung, zum Gemeinschaftsziel. Es kann sogar passieren, daß das Gemeinschaftsschiff während der Fahrt auseinanderfällt und alle ganz erstaunt sind, warum das jetzt passiert ist. Das ist eine Erklärung für das Scheitern von Gemeinschaften.
    So stellt sich Halbach`s Punkt 10 in die Reihe, denn wenn die Gemeinschaft keine gemeinsame VISION, im Sinne einer künftigen Vorstellung hat oder eine Strategie, nicht nur im wirtschaftlichen Sinne, woran soll sich die Gemeinschaft ausrichten und orientieren? Oder wie oben angesprochen, was machen wir, wenn bei uns alles gut läuft?
    Damit knüpfe ich an die Definition von Gemeinschaft an auf Seite 47 Eurotopia 2014, die uns mit kurzen Worten aufzeigt was wir möglicherweise sind und vor allem was nicht oder „noch“ nicht sind!
    Interviewen wir uns über unsere Anfänge, die durchlaufenen Veränderungen, die Kompromisse oder die Gründe des Ausscheidens. Fragen wir uns in unseren Gemeinschaften, Wohnprojekten, Okodörfern doch einfach mal gegenseitig was wir wollen, was wir uns wünschen, wohin wir gelangen wollen! Es wird sicher sehr interessant sein. Alleine durch die Notwendigkeit des klaren und deutlichen Ausdrucks der Wünsche, Ziele, Bilder, selbst wenn es Traumbilder sein sollten, werden wir sehen was schon an Zukunft in den Köpfen vorhanden ist. Danach können wir gemeinsam streben. Mit Spaß, Freude und hoffentlich mit Liebe und Leichtigkeit!

  • Gerheart von Bültzingsloewen

    Leicht und komfortabel erlebe ich das Leben bei uns in der Nature Community in der bayerischen Oberpfalz auch nicht. Aber dafür ungeheuer spannend, vielfältig und herausfordernd – und das Gefühl irgendwie etwas Sinnvolleres zu tun als die 20 Jahre vorher als Projekt-Ingenieur in München, hauptberuflich im Mainstream und nur in der Freizeit „alternativ“.
    Die ersten drei Jahre in unserer ehemaligen Ferienanlage in Schönsee liegen hinter uns – es fühlt sich immer noch ein Stück wie Pionierphase an, aber gleichzeitig haben wir auch schon eine Menge aus Anfangsfehlern gelernt und ich glaube wir sind „über den Berg“, d.h. wir sind in der Lage uns das Projekt 2025 und 2050 vorzustellen – mit sehr positiven Szenarien, die wir überraschend übereinstimmend in unserer letzten Intensivzeit entwickeln konnten.
    Ein Anfangsfehler war eine ungefilterte Willkommenskultur in Kombination mit dem Ideal „Jeder bringt ein, was er kann und bekommt, was er braucht“. Und dazu noch die Vision eines internen geldfreien System…Das hat Menschen angezogen, bei denen die Balance nicht gepasst hat: Auf der einen Seite „Mama Gemeinschaft bitte versorge mich“ und auf der anderen Seite „Überforderung beim Versorgen derjenigen, die es selbst nicht schaffen – finanziell, arbeitsmäßig und emotional“. Im Nachhinein sehe ich es sogar positiv, dass wir Mitte 2018 in eine wirtschaftliche Schieflage zu rutschen drohten – das hat uns geholfen durch wichtige Prozesse zu gehen und durch einen finanziellen Mindestbeitrag jedes Bewohners und die Professionalisierung des Eventbetriebs wichtige Weichen in Bezug auf Nachhaltigkeit zu stellen. Ein wichtiger Schlüssel auch unsere Bereitschaft die inneren Themen konsequent anzuschauen, besonders die Tabuthemen Sex, Geld und Macht, die letztlich auch alles Energieformen sind. Zugegebenermaßen sind einige gegangen, die sich nicht ausreichend damit auseinandersetzen wollten. Diejenigen, die geblieben sind sind aber nun stärker und balancierter miteinander verbunden. Ein bunter Haufen aller Alters- und Berufsgruppen sind wir, sehr divers aufgestellt, die sich gemeinsam auf die Forschungsreise begeben haben wie Vertrauen und Frieden in einer nachhaltigen Umgebung wachsen und gedeihen können.

  • Eva Stützel

    Lieber Micha,
    Du sprichst mir, als Mitbegründerin Sieben Lindens, in vielem aus der Seele, aber etwas möchte ich doch korrigieren. Mein Bild ist nicht, dass wir an so einem Punkt stehen, wo uns keiner mehr mehr weiterhelfen oder beraten kann. Wir haben in unserer Geschichte so viel von so vielen unterschiedlichen Quellen gelernt, und das können wir auch weiterhin tun.
    Keine Schule, kein Berater hat ein Patentrezept für uns – aber auch nicht für Gemeinschaften in Gründung. Wir können sehr viel voneinander und von anderen Menschen, die sich für eine Veränderung einsetzen lernen: Was Organisationskultur angeht, können wir von Soziokratie und Frederik Laloux (Reinventing Organisations) lernen. Was Bewusstheit für Gruppenprozesse angeht, vom Forum des ZEGG, von der GFK, von der Deep Democracy der Prozessorientierten Psychologie, und vielen anderen Inspirationsquellen. Was Umgang mit Informationsmanagement angeht, von alternativen Plattformen … und so gibt es nach wie vor viele Quellen, aus denen wir lernen können.
    Und im Endeffekt ist jeder Weg einzigartig, und jede Gemeinschaft muss ihren eigenen Weg finden. Der Gemeinschaftskompass, den wir aus unserer Erfahrung im Ökodorf Sieben Linden entwickelt haben, ist daher auch kein „Schritteplan“, sondern er zeigt auf, auf welche Bereiche geachtet werden muss – und das gilt für entstehende Gemeinschaften wie für schon lange bestehende Gemeinschaften wie unsere.